Aus der virtuellen Sommer-Talk-Reihe: “Grundeinkommen wird Grundsatz”
Gibt es in der praktischen und ideellen Geschichte der Grünen so etwas wie ein „ideales“ Grundeinkommen?
Die Frage mag etwas abstrakt erscheinen. Im „Grundsatzprogrammentwurf“ der Grünen vom 26.6.2020 tauchen weder Begriff noch, auf den ersten Blick, die Idee des Grundeinkommens auf. Aber das muss und soll nicht so bleiben. Wenn das Grundeinkommen in das am Ende beschlossene Grundsatzprogramm einzieht und dann auch in das nächste Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2021, dann wäre es womöglich sehr nützlich, wenn frau/man genauer wüsste, was frau/man eigentlich meint, wenn das Wort darin zu finden sein wird.
Im Programmentwurf taucht für die optimistische Leserin so etwas auf: in Paragraph 281 heißt es: „Existenzsichernde Sozialleistungen sollen Schritt für Schritt zusammengeführt und langfristig soll die Auszahlung in das Steuersystem integriert werden.“ Der Leser denkt: aha, die Grünen wollen langfristig eine „Negative Einkommensteuer“, ein „Bürgergeld“, das wollte doch auch die FDP.
Aber vielleicht wollen die Grünen das gar nicht, sondern ist mit dem Paragraphen das Götz-Werner-Modell gemeint, also die Integration des Grundeinkommens in das Konsumsteuersystem, also eine gigantische Erhöhung der Mehrwertsteuer und dafür ein Grundeinkommen für alle?
Oder noch etwas anders: vielleicht meinen die Grünen doch ein „richtiges“ Grundeinkommen, das entweder in Höhe des Existenzminimums oder als „partielles“ Grundeinkommen ohne Wohnkosten wie das Kindergeld ausgezahlt wird und nur logisch als Freibetrag im Steuersystem auftaucht, also die klassische „Sozialdividende“?
Oder muss man das Wort „Steuersystem“ eher metaphorisch lesen, so wie künftig mit der SPD-„Grundrente“, die auf innovative und wohl ziemlich komplizierte Weise Steuer- und Sozialversicherungssystem vermischt? Wäre dann auch eine Bürgerversicherung mit Grundeinkommen, also eine „Grundeinkommensversicherung“ von diesem Grundsatzparagraphen gemeint?
Die Grünen hatten in Schleswig-Holstein ein „Zukunftslabor“ auf den Weg gebracht (www.zlabsh.de), das Prof. Dr. Michael Opielka, als Leiter des ISÖ – Institut für Sozialökologie
koordinierte und wissenschaftlich begleitete. Ist da vielleicht etwas herausgekommen, was die Suche nach dem „Grünen Grundeinkommen“ erleichtert?